Geschlechterdifferenzen in familialen Übergangsphasen

Das soziologische Forschungsprojekt untersucht die Fremd- und Selbstzuschreibungen an Mütter und Väter in verschiedenen Phasen des Familienlebens. Die empirische Analyse nimmt dabei die potentiell krisenhaften Übergangssituationen der Elternwerdung, der Trennung/Scheidung und des Auszugs des (letzten) Kindes in den Blick. Bei der Familiengründung manifestiert sich häufig bereits während der Schwangerschaft eine mehr oder weniger klare elterliche Arbeitsteilung in puncto Zuständigkeiten für Care- und Erwerbstätigkeit. Eine elterliche Trennung bzw. der Auszug des letzten Kindes stellt dann vielfach eine Situation der Mehrdeutigkeit und Unsicherheit dar, in deren Folge die etablierten, oftmals geschlechtsdifferenten Selbstverständnisse und Zuständigkeiten zum Gegenstand von Reflexion und Neuaushandlung werden. Ziele des Projekts sind (1) die Rekonstruktion von Veränderungen und Kontinuitäten im familialen Lebenslauf insbesondere in Momenten des Wandels, (2) die Untersuchung der Zuschreibungen an Eltern, (3) der Vergleich „weiblicher“ und „männlicher“ Elternschaft, (4) die Rekonstruktion von Praktiken und Erzählungen, die Geschlechterdifferenzen in der Elternschaft herstellen, begründen und legitimieren. Dahinter steht das übergeordnete Forschungsinteresse an Trajektorien und Pfadabhängigkeiten, Dynamiken und den Effekten von Umbrüchen oder Krisen.

Schwangerschaft
Das Vorläuferprojekt „Retraditionalisierung pränatal?“ beschäftigte sich mit Selbst- und Fremdzuschreibungen an Mutterschaft und Vaterschaft in der Phase der Familiengründung heterosexueller Paare. Unsere Ergebnisse aus der (online-)ethnografischen Beobachtung von Geburtsvorbereitungskursen und Internetforen für Eltern zeigen, dass bereits in der Frühphase der Elternschaft i.d.R. eine mütterliche Primärzuständigkeit für den Nachwuchs angelegt wird, während dem Vater hinsichtlich der Kinderversorgung typischerweise eine eher begleitende, unterstützende und ergänzende Rolle zukommt. Diese Erkenntnisse gilt es nun anhand weiterer familialer Übergangsphasen zu überprüfen.
Trennung
Im Projekt-Modul zum Thema „Trennung“ werden Ratgeberliteratur sowie narrative Interviews mit getrennten Eltern und Expert:innen zusammen mit Ethnografien von Familiengerichtsverfahren und Online-Ethnographien von Trennungsforen im Internet ausgewertet. Gefragt wird dabei u.a., ob es geschlechtsdifferente Zuschreibungen und Praktiken im Falle elterlicher Trennung gibt und welche Wirkung diese ggf. haben.
Empy Nest
Im Fokus des Moduls „Empty Nest“ steht die empirische Untersuchung von geschlechtsdifferenten Zuschreibungen und Praktiken im Zusammenhang mit dem Auszug des (letzten) Kindes. Im Kern geht es um familiale (Neu-)Konfigurationen in der Spätphase der Elternschaft. Das Modul kombiniert qualitative Interviews, Forenanalysen sowie die Analyse von Ratgeberliteratur.
Unsere Studie untersucht somit entlang der liminalen Phasen von Elternwerdung, Trennung und Auszug des letzten Kindes die unterschiedlichen Formen, Legitimationen und Folgewirkungen.